Der Verein

1876 - 1945

Am 12. Mai 1876 ist im Café "Schgraffer" am Bozner "Johannesplatz" (heute "Waltherplatz") der Männergesangverein Bozen offiziell gegründet worden. Als Vorgänger dieses Vereins ist primär die "Bozner Liedertafel" anzusehen, der andere chorische Zusammenschlüsse wie beispielsweise die Sängerrunde "Erheiterung" und der im Jahre 1855 gegründete "Musikverein" vorausgegangen waren.

Im Laufe der folgenden Jahre entfaltete der MGV Bozen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges - vor allem unter der rund 47 Jahre währenden Obmannschaft des damaligen Bozner Bürgermeisters Dr. Julius Perathoner - eine reichhaltige musikalische Tätigkeit.

Die Zeit des Ersten Weltkrieges, die Zwischenkriegszeit und der Zweite Weltkrieg bilden umständebedingt die bisher dürrsten Abschnitte in der Vereinsgeschichte. Allerdings: zu existieren aufgehört hat der Verein auch in jenen Jahrzehnten nicht, wenngleich sich seine Tätigkeit streckenweise auf den Vortrag eines Grablieds zum Abschied von so manchem Sängerkameraden beschränkte.

1946 - 2015

Als der MGV Bozen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zu einer geordneten Arbeit zurückfand, zeichnete sich für ihn sehr bald eine neue Aufgabe im Rollenspiel des wieder erstarkenden städtischen Kulturlebens ab. Unter der Obmannschaft von Perathoners Sohn Hugo wurde dem Verein spätestens ab seinem 75. Bestandsjubiläum, das er mit einem großen Festkonzert am 5./6. Mai 1951 beim "Greif" in Bozen beging, klar, dass er gesellschafts-"politisch" vor allem in Bezug auf eine niveauvolle "Faschingskultur" gefordert war. Seine mit pointiertem Witz und derber Ironie garnierten Kabarettdarbietungen gehörten von den späten 40er bis tief in die 60er Jahre zu den stilvollsten Höhepunkten einer jeden Faschingssaison. 

Der "Schnüffler", Bozens einzige Faschingszeitung, die der Verein selbst herausbrachte, genoss als "erlesenes Produkt satirischer Ernsthaftigkeit" in weiten Bevölkerungskreisen eine große Resonanz, bis diese um die Wende der 60er zu den 70er Jahren schlagartig nachließ. Die Vereinsleitung sah sich genötigt, den "Schnüffler" 1972 einzustellen - eine Ära der kulturellen Arbeit des Vereins war damit zu Ende.

Ganz in der Tradition der bis dahin schon fast ein Jahrhundert umfassenden Vereinsgeschichte wandte sich nun der MGV Bozen unter der Obmannschaft von Dr. Karlheinz Erckert und unter der künstlerischen Leitung von Prof. Hans Thomaser einem neuen Betätigungsfeld zu: der musikalischen Erziehung der Jugend. Etwa zur selben Zeit gelang es dem Verein, sich in die Räume des alten Bozner Rathauses einzunisten, und diese durch tatkräftiges Agieren in einen sympathischen und freundlichen Vereinssitz zu verwandeln, in welchem fortan mit großer Begeisterung musiziert werden konnte. 

Ganze 35 Schüler - zunächst nur Kinder aktiver Vereinsmitglieder - erhielten im Herbst 1973 ihren ersten Instrumental- und Gesangunterricht. Der Anfang war damit gemacht, und ein neues Interesse der städtischen Bevölkerung an der Arbeit des Vereins war geweckt. Bereits im darauf folgenden Schuljahr hatte sich die Schüleranzahl verfünffacht, vier Lehrer erteilten nunmehr in insgesamt 29 Wochenstunden Unterricht. 

Die Nachfrage war - zu einer Zeit, als von der Errichtung der Musikerziehungsinstitute noch lange geträumt wurde - enorm, und als den Verein 1991 die Kündigung der Vereinslokale von Seiten der Gemeindeverwaltung erreichte, hatte die Schülerzahl die Zweihundertermarke schon lange überschritten, jene der Lehrer umfasste bereits mehr als ein Dutzend. Nun galt es, eine neue und definitive Lösung der Vereinssitzfrage zu finden, was schließlich durch ein außerordentlich großes Entgegenkommen von Seiten des Bozner Franziskanerklosters gelang. Der Verein konnte zwei Stockwerke im ehemaligen Ludwigsheim der Franziskaner bis zum Jahre 2023 anmieten, um 1994, nach langen und finanziell aufwändigen Umbau- und Renovierungsarbeiten, dort einzuziehen.

Im Jahre 2003 wurden die Musikkurse, die weiterhin in den Vereinslokalen des MGV Bozen stattfinden, vom Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache übernommen.